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Mittwoch, 8. Mai 2019

Meine Erfahrungen mit dem Kleinverlag "Beta"


Anmerkung: Ich werde den Namen des Verlags nicht  nennen. Stattdessen wird eben jener mit „Beta“ tituliert.

Vor einigen Jahren schloss ich mit Kleinverlag „Beta“ einen Vertrag. Ich kam gerade von Verlag „Alpha“, der mich herbe enttäuscht und vor anderen Klein- und Kleinstverlegern bloßgestellt hatte, damit ich laut unterschwelliger Aussage, keinen Fuß in der Kleinverlagsbranche mehr fasse. Da kam die rettende Hand des „Beta“, der sich eh gerade zu einem mittelgroßen Verlag aufzuschwingen schien, sehr gelegen.
Dankbar schloss ich den Vertrag als Korrektorin und auch als Autorin.
Zuerst einmal sollte ich als Autorin für ein Gemeinschaftsprojekt schreiben. Drei Novellen.
Vertraglich festgehalten wurde eine Ebookausgabe nach Formatwahl (epub oder mobi eben) sowie drei gedruckte Bände meines Werks. Da es ein Gemeinschaftswerk war, ebenso noch jeweils eines der anderen teilnehmenden Autoren. Ausgesprochen fair.
Versprochen wurde, die Werbetrommel wie blöde zu rühren, dass die Leser, Blogger und auch andere Autoren in ihren Timelines oft den Namen dieses Projekts lesen würden und nicht mehr drum herum kämen, zumindest nachzusehen, was das Projekt sei. So sollte Neugier geschaffen werden.
Die anderen teilnehmenden Autoren (einige sehr viel mehr) und auch ich rissen uns – auf gut deutsch gesagt – den Hintern auf, damit das was wird. Ich schrieb gegen meine Schreibblockade an wie nichts Gutes, plante, konzipierte sowohl gemeinsam als auch einsam und schrieb, schrieb, schrieb. Innerhalb eines Jahres wurden vier Novellen von mir runtergerasselt, drei davon für das große Projekt, eines für einen anderen Verlag, der sich jedoch verkalkuliert hatte und es nun nicht mehr drucken lassen konnte. Dieser Verlag entließ mich mit lektoriertem Text und sogar mit Cover, wenn ich es haben wollte, sowie meinem Autorentext, den sie für mich geschrieben hatten, aus dem Vertrag. Anstandslos. Ohne Tücken und Lücken. Sehr korrekt.
Diese Novelle reichte ich ebenso noch bei Verlag „Beta“ ein, da sie ja nun heimatlos war. Ich war so begeistert von dem Brimborium um das große Projekt, dass ich mein Glück gar nicht fassen konnte. Endlich ging es voran!

Auf der Leipziger Buchmesse 2016, auf der ich zugegen war, holte ich mir dann meine lang erwarteten und „von der Post verschlampten“ Korrektorexemplare ab (*husthust* Was nie losgeschickt wurde, kann auch nicht verschlampt werden *husthust*). Ich hatte eine Liste mit, auf denen die (im Nachhinein kann ich es nicht mehr nachvollziehen, also ist das hier eine Schätzung) acht Bücher standen.
Die anderen Autoren und ich vom großen Projekt wurden fotografiert, groß angekündigt auf der Messe am Stand von „Beta“ und haste-nicht-gesehen. Wow, immer noch alles toll! Alle Autoren waren gehypet, wir hatten unseren eigenen Slogan, es wurden Schauspieler engagiert, die Trailer für unsere Bücher einspielten, Freunde, Verwandte, Bekannte, alles wurde dazu bewogen, zu helfen, diese Reihe groß zu machen. Wie gesagt: Es wurde sich der Hintern aufgerissen.
Gut, manches klappte nicht so wie geplant, aber was soll’s? Passiert mal.

Dann kam die Wende.

Profis waren am Werk bei den Trailern. Die Trailer, die dann teilweise erst auf mehrfahre Nachfrage seitens der Produzenten hin, vom Verlag „Beta“ runtergeladen wurden, obwohl zuvor Nachrichten rausgingen, dass die Trailer jetzt für so und so lange online stünden. Hmm, naja, passiert mal.
Dann wurden für die Bücher keine festen Lektoren engagiert, sondern der Verleger selbst lektorierte. Hmm, na gut. Ist dann halt so. Aus was für Gründen auch immer. Machen ja viele Kleinverlage so. Und der ist erfolgreich, also muss es ja gut sein.
Die Blogger, die unsere Reihe begleiten sollten, erhielten einen straffen Post-Plan. Was wann online gehen sollte. Als die ersten nicht hinterherkamen, wurden sie seitens des Verlags komplett ignoriert. Hmm … na gut. Der wird seine Gründe haben. Vielleicht waren die Blogger auch sehr unhöflich? Kann passieren. Hmm.
Das erste Ebook erschien. Es landete in den Amazon-Charts tatsächlich hier und da auf Platz 1 unseres Genres. Wohoo! Aber wieso kostet es nicht mal zwei Euro? War doch abgesprochen! Hmm, naja … der weiß bestimmt, was er tut. Ach so, das ist nur für die Einführungsaktion? Na gut … aber hätte er nicht vorher Bescheid sagen sollen? Ach, hat der bestimmt vergessen.
Ich spreche mit einer Reihenkollegin, die anmerkt, in ihrem Lektorat wäre wohl nicht richtig gelesen worden, die Protagonistin auf dem Cover hätte ein anderes Musikinstrument als im Buch und da das Cover bereits fest wäre, musste sie nun den Text ändern. Okay? Hmm … naja, ist ja nur eine Kleinigkeit. Passiert. Oder?
Das zweite Buch erscheint. Wieder Platz 1 bei Amazon. Wohoooo! Aber Moment … es trudeln nicht mal die Hälfte an Rezensionen ein, wie es angekündigt wurde. Es wird nachgehakt und nachgefragt. Viele Blogger werden inzwischen seitens des Verlags ignoriert. Was ist da los? Eine andere Kollegin merkt an, etwas stimme da nicht ganz. Najaaaa, das passiert bestimmt mal. Und es wurde versprochen, neue Blogger zu finden. Das wird alles.
Das dritte Buch erscheint. Ja, gut. Nicht verwunderlich mit den Rezensionen. Wie viele bleiben bei einer dreiteiligen Reihe schon dran? Aber nicht mal mehr ¼ der Rezensenten von Buch 1 sind noch dabei … Hmm. Vielleicht hatte meine Kollegin recht. Irgendwas stimmt nicht ganz.
Besagte Kollegin berichtet, aus der Reihe auszusteigen. Ich werde skeptisch. Warum? Was hat sie bewogen? Sie verlässt sämtliche gemeinsame Gruppen. Gut … ist konsequent. Sie wird ihre Gründe haben.
Ich hake nach, wie es mit den Ebook-Exemplaren unserer eigenen Bücher aussieht. Ob wir da noch welche bekommen? Verleger antwortet schnell, ich habe Band 1 bereits im Postfach. Super J. Läuft alles!
Nach einigen Tagen hake ich für Band 2 und 3 nach. Band 3 kommt dann kommentarlos einige Tage später ins Postfach. Okay, klasse. Aber was ist mit 2?
Ich frage wegen der Blogger nach, die ersetzt werden sollten. Sie wären dran, dauert alles, schwer, welche zu finden. Okay. Gut. Oder?
Einige Wochen später. Wie sieht es denn mit den Druckexemplaren aus? Jaaah, man hänge im Zeitplan generell hinterher, im Januar ginge es los. Puuh, dann bin ich ja beruhigt.
Im Februar hake ich wegen Band 2 und den Druckexemplaren erneut nach. Also zur LBM im März wären die Bücher dann auch endlich gedruckt. Eher schaffe man es nicht.
Die LBM kommt. Die LBM geht. Nichts. Inzwischen massenhaft Werbung für andere Bücher, andere Exemplare, andere Autoren. Hmm … okay. Klar, die neuen Projekte müssen ja auch beworben werden. Verstehe ich. Kommt bestimmt alles noch.
Im Mai erneute Nachfrage wegen der Druckexemplare. Jaaah, zum Sommer.
Andere Reihenkollegen werden lauter. Sie wollen jetzt die Druckausgabe. Andere fragen nach der Abrechnung, die im März hätte kommen sollen. Ähm … was? Wieso haben die keine Abrechnung erhalten? Ich hab doch alles bereits. Komisch.
Zwei weitere Autorinnen melden sich aus der Reihe ab. Die sei jetzt tot. Keine Werbung mehr, keine Druckexemplare, nicht annähernd das eingehalten, was versprochen wurde, immer nur Ausreden, Deckelung, Ausreden, Deckelung. Sie hätten genug. Das schreiben sie in einem Gruppenchat nur unter uns Autorinnen.
Ich frage im Juli und August nochmal nach den Druckexemplaren und nach meinem Band 2. Band 2 kommt ins Postfach, auf die Druckexemplare keine Reaktion. Okay? Hab ich was verbrochen? Dass ich mich kritisch geäußert habe … ja, aber das kann der Verleger nicht wissen. Schließlich hab ich nur in dem Gruppenchat unter uns Autorinnen meine Zweifel geäußert.
Ich gebe es auf, nach den Druckexemplaren zu fragen. Wenn ich nicht mal mehr eine Antwort kriege. Nicht mal, als ich etwas von einem Kollegen für den Verlag lektorieren soll, kriege ich eine Antwort. Was hab ich denn getan bitte?
September des Jahres. Ich rede mit anderen Kollegen aus dem Verlag, mit denen ich gut kann und/oder befreundet bin. Ich erfahre, dass viele immer noch auf ihre Jahresabrechnung warten. Ich bin schockiert. Nein, das glaub ich jetzt nicht. Vorsichtig hake ich bei einigen nach, was da mit dem Verlag los ist. Und erfahre: Die meisten, die ich kenne, werden inzwischen einfach ignoriert. Die anderen erhalten ihre Abrechnung und Zahlung pünktlich, sind super zufrieden und empfehlen den Verlag weiter. Auch den zweiten Verlag, der  von „Beta“ inzwischen gegründet wurde. In dem es genauso läuft. Ignoranz, wenn man unbequem wird. Ignoranz, wenn man auch nur den Hauch einer Kritik äußert.
Ich erfahre, dass der Gruppenchat per Screenshots weitergereicht wurde – an den Verleger. Hach ja, herrlich sowas, gell? Ich versuche, mit dem Verleger in Kommunikation zu treten. Vergeblich. Einsilbige Antworten oder komplette Ignoranz. Man habe sehr viel zu tun. Keine Zeit gerade. Und das war’s dann für die nächsten Wochen.
Im Jahr darauf frage ich nach meiner Abrechnung und sie kommt auch fix.
Ich hake bei anderen Autoren nach. Da kommt bei den meisten nix. Sie warten teilweise noch auf die Abrechnung aus dem Jahr zuvor.
Und nach und nach treten immer mehr Horrorgeschichten hervor. Wie Schuld auf die Dienstleister geschoben wurde. Lektoren, Korrektoren, Coverdesigner, Blogger, Rezensenten. Wie lange manche ihrem Geld hinterherrennen müssen. Wie viele nicht nur nicht bezahlt werden, sondern nicht einmal eine Abrechnung erhalten. Über Jahre. Dass keine Werbung gemacht wird. Dass sie sich stiefmütterlich behandelt fühlen. Dass Personen vorgetäuscht werden, die Vertragsverhandlungen führen, die nachweislich nicht existieren.

(Bitterer Beigeschmack des Ganzen: Freundschaften zerbrechen, Selbstwert und –bewusstsein werden dem Erdboden gleichgemacht. Kollegen hintergehen Kollegen. Letzteres kann man nicht dem Verlag zuschreiben, das sind persönliche Entscheidungen der jeweiligen Autoren gewesen. Aber diese Art der Behandlung seitens des Verlags führt eben dazu.)

Es gibt weiterhin Autoren, die wie blöde die Werbetrommel für einen oder beide Verlage rühren. Die neue Autoren ranziehen (manche in dem Wissen, wie der Verleger zu anderen ist, andere unwissend). Es gibt auch Autoren, die offen über ihre Erfahrungen reden. Die froh sind, dass es nicht sie alleine trifft, denn alle hatten die eine Frage gemeinsam, als die Ignoranz seitens des Verlags begann: Was habe ich falsch gemacht? Und andere Autoren und Designer kennen zu lernen, die das gleiche erlebt haben, macht Folgendes: Du bist nicht allein. Es ist NICHT deine Schuld.

Ein Mensch, der meint professionell zu arbeiten, diese Gefühle jedoch absichtlich provoziert und im Persönlichen, nicht Professionellen auslöst, weitermacht, als wäre nichts gewesen … der den Selbstwert eines jeden Kritikers versucht plattzumachen, der die Ellbogenpolitik nicht nur ausübt, sondern perfektioniert. Und versucht, wenn man unbequem wird, mit Screenshots kritischer (meinerseits vielleicht auch ein bisschen beleidigender) Posts oder Kommentare, Druck auszuüben, wenn man nach seinen Abrechnungen fragt. Unreflektiert genannt zu werden. Ja, was soll man mit solchen Menschen machen? Garantiert kein Buchbaby mehr anbieten. Das ist keine professionelle Arbeit. Das grenzt an Schikane – mit dem Beigeschmack des Schulhofs. Du bist doof, mit dir rede ich nicht mehr. Und was ich dir vertraglich zugesichert hab, kannst du dir auch abschminken! So!

In diesem Jahr habe ich trotz Fälligkeit zum 31.3. weder eine Abrechnung noch eine Zahlung erhalten. Zu keiner meiner vier Novellen. Wie die meisten meiner Kollegen, mit denen ich in Kontakt stehe. Manche werden komplett geblockt und die meisten natürlich ignoriert. Auf Nachrichten, egal auf welchem Weg sie kommen, wird nicht reagiert. Selbst wenn der Anwalt schreibt und mahnt. Die Einschreiben werden ignoriert oder kommen zurück. Der Verlag „Beta“ hat in den letzten drei Jahren mehrfach seine Anschrift geändert, sodass er nicht mehr wirklich ausfindig zu machen ist. Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass ihm die Veröffentlichungsrechte für diverse Werke entzogen wurden. Der Verlag „Beta“ hat sie dennoch auf der Leipziger Buchmesse verkauft. Zusätzlich hat er Kündigungen, die dort überreicht wurden, nicht angenommen.

Eine der negativen Seiten des Autorenlebens. Du triffst auch auf solche Menschen. Nicht jeder ist daran interessiert, dich als Verlag bestens zu betreuen. Manche wollen nur Geld mit deinen Geschichten machen. An deinen Storys selbst liegt ihnen nichts.