Anmerkung: Ich werde den Namen des Verlags nicht nennen.
Stattdessen wird eben jener mit „Beta“ tituliert.
Vor einigen Jahren schloss ich mit Kleinverlag „Beta“ einen
Vertrag. Ich kam gerade von Verlag „Alpha“, der mich herbe enttäuscht und vor
anderen Klein- und Kleinstverlegern bloßgestellt hatte, damit ich laut
unterschwelliger Aussage, keinen Fuß in der Kleinverlagsbranche mehr fasse. Da
kam die rettende Hand des „Beta“, der sich eh gerade zu einem mittelgroßen Verlag
aufzuschwingen schien, sehr gelegen.
Dankbar schloss ich den Vertrag als Korrektorin und auch als
Autorin.
Zuerst einmal sollte ich als Autorin für ein
Gemeinschaftsprojekt schreiben. Drei Novellen.
Vertraglich festgehalten wurde eine Ebookausgabe nach
Formatwahl (epub oder mobi eben) sowie drei gedruckte Bände meines Werks. Da es
ein Gemeinschaftswerk war, ebenso noch jeweils eines der anderen teilnehmenden
Autoren. Ausgesprochen fair.
Versprochen wurde, die Werbetrommel wie blöde zu rühren,
dass die Leser, Blogger und auch andere Autoren in ihren Timelines oft den
Namen dieses Projekts lesen würden und nicht mehr drum herum kämen, zumindest
nachzusehen, was das Projekt sei. So sollte Neugier geschaffen werden.
Die anderen teilnehmenden Autoren (einige sehr viel mehr)
und auch ich rissen uns – auf gut deutsch gesagt – den Hintern auf, damit das
was wird. Ich schrieb gegen meine Schreibblockade an wie nichts Gutes, plante,
konzipierte sowohl gemeinsam als auch einsam und schrieb, schrieb, schrieb.
Innerhalb eines Jahres wurden vier Novellen von mir runtergerasselt, drei davon
für das große Projekt, eines für einen anderen Verlag, der sich jedoch
verkalkuliert hatte und es nun nicht mehr drucken lassen konnte. Dieser Verlag
entließ mich mit lektoriertem Text und sogar mit Cover, wenn ich es haben
wollte, sowie meinem Autorentext, den sie für mich geschrieben hatten, aus dem
Vertrag. Anstandslos. Ohne Tücken und Lücken. Sehr korrekt.
Diese Novelle reichte ich ebenso noch bei Verlag „Beta“ ein,
da sie ja nun heimatlos war. Ich war so begeistert von dem Brimborium um das
große Projekt, dass ich mein Glück gar nicht fassen konnte. Endlich ging es voran!
Auf der Leipziger Buchmesse 2016, auf der ich zugegen war,
holte ich mir dann meine lang erwarteten und „von der Post verschlampten“
Korrektorexemplare ab (*husthust* Was nie losgeschickt wurde, kann auch nicht
verschlampt werden *husthust*). Ich hatte eine Liste mit, auf denen die (im
Nachhinein kann ich es nicht mehr nachvollziehen, also ist das hier eine
Schätzung) acht Bücher standen.
Die anderen Autoren und ich vom großen Projekt wurden
fotografiert, groß angekündigt auf der Messe am Stand von „Beta“ und
haste-nicht-gesehen. Wow, immer noch alles toll! Alle Autoren waren gehypet,
wir hatten unseren eigenen Slogan, es wurden Schauspieler engagiert, die
Trailer für unsere Bücher einspielten, Freunde, Verwandte, Bekannte, alles
wurde dazu bewogen, zu helfen, diese Reihe groß zu machen. Wie gesagt: Es wurde
sich der Hintern aufgerissen.
Gut, manches klappte nicht so wie geplant, aber was soll’s?
Passiert mal.
Dann kam die Wende.
Profis waren am Werk bei den Trailern. Die Trailer, die dann
teilweise erst auf mehrfahre Nachfrage seitens der Produzenten hin, vom Verlag „Beta“
runtergeladen wurden, obwohl zuvor Nachrichten rausgingen, dass die Trailer
jetzt für so und so lange online stünden. Hmm, naja, passiert mal.
Dann wurden für die Bücher keine festen Lektoren engagiert,
sondern der Verleger selbst lektorierte. Hmm, na gut. Ist dann halt so. Aus was
für Gründen auch immer. Machen ja viele Kleinverlage so. Und der ist
erfolgreich, also muss es ja gut sein.
Die Blogger, die unsere Reihe begleiten sollten, erhielten
einen straffen Post-Plan. Was wann online gehen sollte. Als die ersten nicht
hinterherkamen, wurden sie seitens des Verlags komplett ignoriert. Hmm … na
gut. Der wird seine Gründe haben. Vielleicht waren die Blogger auch sehr
unhöflich? Kann passieren. Hmm.
Das erste Ebook erschien. Es landete in den Amazon-Charts
tatsächlich hier und da auf Platz 1 unseres Genres. Wohoo! Aber wieso kostet es
nicht mal zwei Euro? War doch abgesprochen! Hmm, naja … der weiß bestimmt, was
er tut. Ach so, das ist nur für die Einführungsaktion? Na gut … aber hätte er
nicht vorher Bescheid sagen sollen? Ach, hat der bestimmt vergessen.
Ich spreche mit einer Reihenkollegin, die anmerkt, in ihrem
Lektorat wäre wohl nicht richtig gelesen worden, die Protagonistin auf dem
Cover hätte ein anderes Musikinstrument als im Buch und da das Cover bereits
fest wäre, musste sie nun den Text ändern. Okay? Hmm … naja, ist ja nur eine
Kleinigkeit. Passiert. Oder?
Das zweite Buch erscheint. Wieder Platz 1 bei Amazon.
Wohoooo! Aber Moment … es trudeln nicht mal die Hälfte an Rezensionen ein, wie
es angekündigt wurde. Es wird nachgehakt und nachgefragt. Viele Blogger werden
inzwischen seitens des Verlags ignoriert. Was ist da los? Eine andere Kollegin
merkt an, etwas stimme da nicht ganz. Najaaaa, das passiert bestimmt mal. Und
es wurde versprochen, neue Blogger zu finden. Das wird alles.
Das dritte Buch erscheint. Ja, gut. Nicht verwunderlich mit
den Rezensionen. Wie viele bleiben bei einer dreiteiligen Reihe schon dran?
Aber nicht mal mehr ¼ der Rezensenten von Buch 1 sind noch dabei … Hmm.
Vielleicht hatte meine Kollegin recht. Irgendwas stimmt nicht ganz.
Besagte Kollegin berichtet, aus der Reihe auszusteigen. Ich
werde skeptisch. Warum? Was hat sie bewogen? Sie verlässt sämtliche gemeinsame
Gruppen. Gut … ist konsequent. Sie wird ihre Gründe haben.
Ich hake nach, wie es mit den Ebook-Exemplaren unserer
eigenen Bücher aussieht. Ob wir da noch welche bekommen? Verleger antwortet
schnell, ich habe Band 1 bereits im Postfach. Super J. Läuft alles!
Nach einigen Tagen hake ich für Band 2 und 3 nach. Band 3
kommt dann kommentarlos einige Tage später ins Postfach. Okay, klasse. Aber was
ist mit 2?
Ich frage wegen der Blogger nach, die ersetzt werden
sollten. Sie wären dran, dauert alles,
schwer, welche zu finden. Okay. Gut. Oder?
Einige Wochen später. Wie sieht es denn mit den
Druckexemplaren aus? Jaaah, man hänge im
Zeitplan generell hinterher, im Januar ginge es los. Puuh, dann bin ich ja
beruhigt.
Im Februar hake ich wegen Band 2 und den Druckexemplaren
erneut nach. Also zur LBM im März wären
die Bücher dann auch endlich gedruckt. Eher schaffe man es nicht.
Die LBM kommt. Die LBM geht. Nichts. Inzwischen massenhaft
Werbung für andere Bücher, andere Exemplare, andere Autoren. Hmm … okay. Klar,
die neuen Projekte müssen ja auch beworben werden. Verstehe ich. Kommt bestimmt
alles noch.
Im Mai erneute Nachfrage wegen der Druckexemplare. Jaaah, zum Sommer.
Andere Reihenkollegen werden lauter. Sie wollen jetzt die
Druckausgabe. Andere fragen nach der Abrechnung, die im März hätte kommen
sollen. Ähm … was? Wieso haben die keine Abrechnung erhalten? Ich hab doch alles
bereits. Komisch.
Zwei weitere Autorinnen melden sich aus der Reihe ab. Die
sei jetzt tot. Keine Werbung mehr, keine Druckexemplare, nicht annähernd das
eingehalten, was versprochen wurde, immer nur Ausreden, Deckelung, Ausreden,
Deckelung. Sie hätten genug. Das schreiben sie in einem Gruppenchat nur unter
uns Autorinnen.
Ich frage im Juli und August nochmal nach den
Druckexemplaren und nach meinem Band 2. Band 2 kommt ins Postfach, auf die
Druckexemplare keine Reaktion. Okay? Hab ich was verbrochen? Dass ich mich
kritisch geäußert habe … ja, aber das kann der Verleger nicht wissen.
Schließlich hab ich nur in dem Gruppenchat unter uns Autorinnen meine Zweifel
geäußert.
Ich gebe es auf, nach den Druckexemplaren zu fragen. Wenn
ich nicht mal mehr eine Antwort kriege. Nicht mal, als ich etwas von einem
Kollegen für den Verlag lektorieren soll, kriege ich eine Antwort. Was hab ich
denn getan bitte?
September des Jahres. Ich rede mit anderen Kollegen aus dem
Verlag, mit denen ich gut kann und/oder befreundet bin. Ich erfahre, dass viele
immer noch auf ihre Jahresabrechnung warten. Ich bin schockiert. Nein, das
glaub ich jetzt nicht. Vorsichtig hake ich bei einigen nach, was da mit dem
Verlag los ist. Und erfahre: Die meisten, die ich kenne, werden inzwischen
einfach ignoriert. Die anderen erhalten ihre Abrechnung und Zahlung pünktlich,
sind super zufrieden und empfehlen den Verlag weiter. Auch den zweiten Verlag,
der von „Beta“ inzwischen gegründet
wurde. In dem es genauso läuft. Ignoranz, wenn man unbequem wird. Ignoranz,
wenn man auch nur den Hauch einer Kritik äußert.
Ich erfahre, dass der Gruppenchat per Screenshots
weitergereicht wurde – an den Verleger. Hach ja, herrlich sowas, gell? Ich
versuche, mit dem Verleger in Kommunikation zu treten. Vergeblich. Einsilbige
Antworten oder komplette Ignoranz. Man
habe sehr viel zu tun. Keine Zeit gerade. Und das war’s dann für die
nächsten Wochen.
Im Jahr darauf frage ich nach meiner Abrechnung und sie
kommt auch fix.
Ich hake bei anderen Autoren nach. Da kommt bei den meisten
nix. Sie warten teilweise noch auf die Abrechnung aus dem Jahr zuvor.
Und nach und nach treten immer mehr Horrorgeschichten
hervor. Wie Schuld auf die Dienstleister geschoben wurde. Lektoren,
Korrektoren, Coverdesigner, Blogger, Rezensenten. Wie lange manche ihrem Geld
hinterherrennen müssen. Wie viele nicht nur nicht bezahlt werden, sondern nicht
einmal eine Abrechnung erhalten. Über Jahre. Dass keine Werbung gemacht wird.
Dass sie sich stiefmütterlich behandelt fühlen. Dass Personen vorgetäuscht
werden, die Vertragsverhandlungen führen, die nachweislich nicht existieren.
(Bitterer Beigeschmack des Ganzen: Freundschaften
zerbrechen, Selbstwert und –bewusstsein werden dem Erdboden gleichgemacht.
Kollegen hintergehen Kollegen. Letzteres kann man nicht dem Verlag zuschreiben,
das sind persönliche Entscheidungen der jeweiligen Autoren gewesen. Aber diese
Art der Behandlung seitens des Verlags führt eben dazu.)
Es gibt weiterhin Autoren, die wie blöde die Werbetrommel
für einen oder beide Verlage rühren. Die neue Autoren ranziehen (manche in dem
Wissen, wie der Verleger zu anderen ist, andere unwissend). Es gibt auch
Autoren, die offen über ihre Erfahrungen reden. Die froh sind, dass es nicht
sie alleine trifft, denn alle hatten die eine Frage gemeinsam, als die Ignoranz
seitens des Verlags begann: Was habe ich falsch gemacht? Und andere Autoren und
Designer kennen zu lernen, die das gleiche erlebt haben, macht Folgendes: Du
bist nicht allein. Es ist NICHT deine Schuld.
Ein Mensch, der meint professionell zu arbeiten, diese
Gefühle jedoch absichtlich provoziert und im Persönlichen, nicht
Professionellen auslöst, weitermacht, als wäre nichts gewesen … der den
Selbstwert eines jeden Kritikers versucht plattzumachen, der die
Ellbogenpolitik nicht nur ausübt, sondern perfektioniert. Und versucht, wenn
man unbequem wird, mit Screenshots kritischer (meinerseits vielleicht auch ein
bisschen beleidigender) Posts oder Kommentare, Druck auszuüben, wenn man nach
seinen Abrechnungen fragt. Unreflektiert genannt zu werden. Ja, was soll man
mit solchen Menschen machen? Garantiert kein Buchbaby mehr anbieten. Das ist
keine professionelle Arbeit. Das grenzt an Schikane – mit dem Beigeschmack des
Schulhofs. Du bist doof, mit dir rede ich nicht mehr. Und was ich dir
vertraglich zugesichert hab, kannst du dir auch abschminken! So!
In diesem Jahr habe ich trotz Fälligkeit zum 31.3. weder
eine Abrechnung noch eine Zahlung erhalten. Zu keiner meiner vier Novellen. Wie
die meisten meiner Kollegen, mit denen ich in Kontakt stehe. Manche werden
komplett geblockt und die meisten natürlich ignoriert. Auf Nachrichten, egal
auf welchem Weg sie kommen, wird nicht reagiert. Selbst wenn der Anwalt
schreibt und mahnt. Die Einschreiben werden ignoriert oder kommen zurück. Der
Verlag „Beta“ hat in den letzten drei Jahren mehrfach seine Anschrift geändert,
sodass er nicht mehr wirklich ausfindig zu machen ist. Ich weiß aus
zuverlässiger Quelle, dass ihm die Veröffentlichungsrechte für diverse Werke
entzogen wurden. Der Verlag „Beta“ hat sie dennoch auf der Leipziger Buchmesse
verkauft. Zusätzlich hat er Kündigungen, die dort überreicht wurden, nicht
angenommen.
Eine der negativen Seiten des Autorenlebens. Du triffst auch
auf solche Menschen. Nicht jeder ist daran interessiert, dich als Verlag
bestens zu betreuen. Manche wollen nur Geld mit deinen Geschichten machen. An
deinen Storys selbst liegt ihnen nichts.