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Donnerstag, 27. Juni 2019

Purlunas-Nostalgie

Purlunas wächst. Jeden Tag. 
Manchmal nur gedanklich.
Viel im Weltenbau.
Und seit Neustem auch in Manuskriptform.

Mein Herzensprojekt - also DAS schlechthin - arbeitet seit 12 Jahren in mir. Es ging durch unzählige Betaleser, von der allerersten Stunde an. Es ist das Werk, das ich immer schreiben wollte und will.
Und nach einer Odyssee an Agenturen und Verlagen (und sogar einer Veröffentlichung) beginne ich noch einmal, ein letztes Mal, ganz von vorne.
Nachdem ich nach wie vor im Weltenbau hänge und die Charaktersheets noch nicht fertig sind, habe ich dennoch angefangen zu schreiben, als mich die Muse knutschte. Oder schubste. Oder mir mit Mjölnir auf die Birne hämmerte. Oder mir nachts unzählige Lieder vorsang, damit ich nicht einschlafen konnte. Oder die Hitze mich desolat machte. Oder eine Mischung aus allem, zusätzlich zu dem Gefühl, angekommen zu sein. Dass ich jetzt wirklich Evis, Noahs, Nikes und Runes (früher auch als Chris bekannt ;)) Geschichte erzähle. Endlich, Hallelujah!

Denn vor 13 Jahren saß ich in einer Vorlesung der alten Geschichte. Und was soll ich sagen? Sie war alt. Sehr alt. Und der Professor war seeeeeehr ... unbegabt, was die Rhetorik anbelangt. Damit ich nicht einschlafe, kritzelte ich ein wenig am Rand meines Collegeblocks. Einen Hut. Eine Brille. Ein Lächeln. Lockige Haare. Eine Zahnspange. Hände. Doch der Professor schwadronierte weiter. Ohne Rücksicht auf meine Müdigkeit und der Tatsache, dass ich schnarche. Das wäre in einer Vorlesung nicht so gut angekommen, fürchte ich. Also für mich. Und den Professor. Dann kam das erste Gesicht unter den Hut. Augen, dunkelblau. Braune, lockige Haare. Zahnspange kriegt der auch noch.
Schwupps, Benni war da. 
Dann folgte sein bester Freund. Noah. Glatt gegelte Haare, freches Grinsen, immer einen lockeren Spruch auf den Lippen und unglaublich intelligent. Und der hat auch noch ne Schwester!
Die muss jünger als er, kriegt ebenso blonde Haare, hellblaue Augen, genau wie ihr Bruder. Oh und das wäre fein, wenn sie die Freundin von dem Benni wird. Oder? Ich nenn sie Evi. Glaub ich ... zuhause mal schauen, was der Name heißt.
Irgendwann war die Vorlesung vorbei. Und als ich im Seminar für nordeuropäische Kulturgeschichte saß, bekamen Noah und Evi plötzlich Eltern. Hanna und Max.
Dänische Sprache. Alva Koldt, Nike und Rune folgten.
Pädagogikseminar. Nero Nichtig, Nikes und Runes Eltern.
In Psychologie hörte ich zu ;).
Proseminar Mittelaltergeschichte. Der Prof war nett, rhetorisch begabt. Meistens hörte ich zu. Aber ... Sandra und Susanne Silberblatt entstanden dennoch.
Recherche in der Unibiblothek. Florus Immergrün, Allegra Gess und andere Lehrer.
Hausarbeit in der Fachbibliothek Geschichte. Muffige Bücher, schlechtes Licht (klar, die alten Schinken müssen geschont werden), und irgendwie gibt es zu wenig weibliche Helden. Was wäre, wenn nicht Benni der Held wäre, sondern ... Evi? Ja, mal überlegen.

Wieder zuhause. Glas Weißwein. Berichte Mitbewohnerin wie blöde von meinen Ideen. Sie lächelt.

Hehehe ... ich hab jetzt Figuren, da könnte ich glatt nen Buch schreiben. Hehehe ...

Jaaaah ... 13 Jahre später sitze ich hier. Verfasse diesen Post. Und bin dem langweiligen Professor so unendlich dankbar, dass ich mache, was ich liebe.

Kurzum: Langzeitprojekt Purlunas geht in die finale Phase. das Schreiben hat begonnen, die restliche Welt wird gesponnen und die Charaktersheets ... müsste ich mal aufschreiben, damit ich nicht durcheinander komme. Denn nach knapp 12 Jahren, nachdem ich den ersten schrieb und so unendlich viele Versionen wie diese Geschichte hatte, braucht es jetzt feste Strukturen, in denen ich arbeiten kann. Und die ich einreißen kann, wenn Buch 5 irgendwann, endlich geschrieben wird.

Mittwoch, 5. Juni 2019

Das rasante Knutschen der Bordsteinkante oder Wie ich meinen Selbstwert wiederfand


Ich habe für Verlag „Alpha“ sowohl als Autorin gearbeitet, als auch als Lektorin und Korrektorin. Der Verlagsleiter war anfänglich sehr nett und wir tauschten nach und nach immer mehr persönliche Informationen aus, sodass eine Art Freundschaft entstand. Ein wenig Zweifel an seiner Stellung als Verleger hatte ich lediglich durch seine harsche Behandlung mancher Autoren.
Manche von euch gehen für gute Freunde zu gewissen Zeiten vielleicht auch komplett aus ihrer eigenen Bahn. Sind Konfliktvermeider erster Stunde und stehen total auf Harmonie, sodass sie dafür sogar darauf verzichten, richtig zu liegen, auf die Korrekturen von Fehlern bestehen oder jemandem ins Gesicht sagen, wenn etwas schlichtweg nicht gut ist, obwohl sie es selbst besser wissen. Und bloß nicht, auf gar keinen Fall, sagen, wenn sie unzufrieden sind.
Als Autor ist man dem Verlag natürlich dankbar, dass man unter die Fittiche genommen wird, vor allem wenn es nach außen scheint, dass da alles tutti läuft.
Diese giftige Mischung gepaart mit geringem Selbstwert, wenig Selbstbewusstsein und dann zurückgedrängtes Selbstvertrauen sind de facto genau die Gründe, weswegen ich nur auf die Fresse fliegen konnte. Und das war gut so.
Also … natürlich nicht.
Und doch schon.
Denn ohne dieses rasante Knutschen der Bordsteinkante, hätte ich nie im Leben gelernt, was ich heute weiß, um diesen Artikel zu schreiben.

Was ich für den Verlag lektoriert, korrigiert und gesichtet habe:
-          Manuskripte
-          Kurzgeschichten
-          Klappentexte
-          Autorentexte
-          Autorenbiographien
-          Die Website
-          Flyer
-          Posts auf Facebook

Was mir vergütet wurde:
-          Manuskripte
-          Kurzgeschichten (meistens)

Ja.
Nicht mehr.
Und das für einen Hungerlohn. Als ich nach drei Jahren um eine Gehaltserhöhung bat, bekam ich jene nicht.
Als ich nach einem Honorar für die Herausgeberschaft einer Anthologie fragte, wurde ich ebenso abgeschmettert. Wäre gut für meine Reputation, aber eben nicht, um bezahlt zu werden. Trotz jahrelanger Mitarbeit.
Nachdem mein Manuskript dort unter, sagen wir, widrigen Bedingungen veröffentlicht wurde, bekam ich statt festgesetzter prozentualer Beiträge eben festgesetzte Centbeträge. Ich hatte das Manuskript für den Verlag komplett neu geschrieben, genauso wie Teil 2 und bekam für den zweiten Teil einen anderen Vertrag, der auch den ersten für Manuskript 1ersetzen sollte. Nämlich den verdi-Standardvertrag. Diesen wollte ich jedoch mit Veröffentlichungsrecht weit nach meinem Tod nicht unterschreiben. Doch der Verleger, mein Freund, ließ nicht mit sich verhandeln.
Über die Jahre wurde mir suggeriert, dass ich froh sein könne, überhaupt lektorieren zu dürfen und Teil eines Teams zu sein. Dass man sehr nachsichtig mit mir wegen meiner Depression und sich dadurch ab und zu verschobene Terminabgaben sei (Anmerkung: Ich habe stets kommuniziert, was geht und was nicht; zusätzlich bin ich sehr zuverlässig, so auch in diesen Fällen). Dass jeder andere mich bereits fallen gelassen hätte wie eine heiße Kartoffel. Dass ich dankbar sein solle, dass mein Manuskript überhaupt veröffentlicht worden sei. Und dass ich, unterschriebe ich den Vertrag nicht, die bereits angefallenen Lektoratskosten für Band 2 zu tragen hätte, weil ja Absprache über den Facebook Messenger stattgefunden hätte, dass jetzt lektoriert werde.
Und plötzlich reichte es mir.
Ja, ich habe einen sehr langen Geduldsfaden und manchmal scheinbar auch eine extrem lange Leitung. Als sich all diese Sachen, die sich über Jahre anstauten, plötzlich zu einem großen Klumpen zusammenformten, erkannte ich erst, was ich da machte. Wie sehr ich mich als Autor aber auch als Mensch unter Wert verkaufte.
Ich weigerte mich, den Standardvertrag zu unterschreiben, woraufhin ich ein (wie erwartet) cholerisches „Dann such dir doch einen anderen Verlag“ bekam. Und diesmal wich ich nicht zurück, gab nicht klein bei. Ich antwortete: „Mache ich.“
Ab da ging der Krieg erst richtig los. Ich habe Screenshots aus Gruppen, in denen der Verleger, ohne meinen Namen zu nennen, Lügen über mich verbreitete (z.B., dass ich 30% des Bruttoverkaufspreises eines jeden Werks haben wolle was ich nachweislich niemals gefordert hatte), verriet, was ich privat für ein Einkommen habe, wie schlecht sich mein Buch verkaufe, dass er mich nur aus Freundschaft verlegt hätte und ich sowieso nie wieder ein Werk veröffentlichen würde, so schlecht, wie ich mich verkaufe und so mies, wie ich arbeite.
In einer privaten E-Mail bekam ich dann noch mitgeteilt, dass alle Verlage jetzt wegen mir auf den verdi-Standardvertrag umstellen würden, weil er alle seine Kollegen vor Autoren, die so handeln wie ich, gewarnt hätte und die sich schützen müssen. [Huch, was habe ich für eine Macht, he? Also, kriegt ihr den Standardvertrag von irgendwem angeboten, ist es sicherlich mein Vergehen ;).] Und dass ich garantiert nie wieder einen Fuß mit meinem Namen in der Branche fasse.
Tat das weh zu lesen? Ja.
Ist da was Wahres dran? Nee, eher nicht.
Schrieb er das nur, um seinen Frust loszuwerden und mich zu treffen? Aber hallo! Er kannte meine Druckpunkte und war sich nicht fein genug, sie nicht zu drücken.
Über nachfolgendes darf ich vertraglich nicht sprechen und auch wenn ich mehrfach hintergangen wurde, halte ich mich an meinen Vertrag. Nur so viel: Ich hab meine Rechte zurück. Das war mir wichtiger, als Recht zu haben und das alles noch hinauszuzögern.
Ist mein Ruf geschädigt? Ja.
Höre ich jetzt auf zu schreiben? Nö. Da kann ich auch aufhören zu atmen.
Wie ging es weiter? Naja, Verlag „Beta“ kennt ihr ja aus dem vorangegangen Artikel bereits. Die Odyssee ging also noch ein bisschen.
Fazit?
Freundschaften mit Arbeitsbeziehungen können echt toll sein. Ich hab zwei Verlegerinnen, mit denen ich mich prima verstehe, die mich immer respektvoll behandeln und denen ich wegen keiner einzigen Zahlung hinterherlaufen musste. Die unglaublich clever sind und zu denen ich nicht nur arbeitstechnisch eine super Beziehung laufen habe, sondern mit denen ich mich auch privat austausche (oder austauschte).
Doch es gibt eben auch die andere Seite der Medaille. In dem Fall sind Freundschaft und Arbeit verschwommen. Schaffte ich etwas arbeitstechnisch nicht, wurde es persönlich auf die Freundschaftsebene gebrochen und sehr unangenehme Gefühle tauchten dann auf.
Ich vermische Freundschaft und Arbeit nicht mehr. Die Grenzen sind nämlich fließend. Arbeit und Freundschaft kann super sein, aber ich schränke es ein. Ich kenne meine Grenzen und kommuniziere sie. Ich trete für mich ein, bleibe dem anderen aber respektvoll gegenüber. Ich denke, dann kann es nebeneinander herlaufen und funktionieren. Doch eines vergesse ich bei alldem bestimmt nie wieder: Mich. Und meinen Wert.